Inspiriert durch meine “Jekyll”-Wiederentdeckung von gester, gibts heute mal einen Überblick über die hervorragenden britischen TV-Serien der letzten Jahre:
Der Plot: So viel Material und so wenig Zeit. Die Essenz ist im Grunde, dass die Serie die Abenteuer eines Time Lords vom Planeten Gallifrey erzählt. Dieser reist mit seiner Zeitmaschine, die von außen aussieht, wie eine alte britische Poizeitelefonzelle durch Raum und Zeit, in der Regel in Begleitung von Personen (meistens attraktive Frauen) die er während seiner Abenteuer aufgabelt.
Das Besondere: Schon oft hier erwähnt, noch nie wirklich erklärt. Doctor Who ist einfach ein Phänomen, gerade in Großbritannien. Die Serie existiert seit 1963, lief bis Ende der Achtziger Jahre durchgehend, pausierte dann in den Neunzigern und feierte 2005 ein furioses Comeback. Sie ist die am längsten laufende Science-Fiction-Serie überhaupt und auf jeden Fall eine der, wenn nicht sogar die, erfolgreichsten Serien Großbritanniens. Doctor Who ist Zeitgeist und es gibt keinen auf der Insel, der die Serie nicht kennt. Der Clou für mich ist, dass die Serie es über die Jahre geschafft hat, einen enorm hohen Standard an Storytelling und Charme zu bewahren. Mittlerweile hat sich rund um die Serie ein riesiges Universum entwickelt, dass sich nicht nur auf die TV-Serie beschränkt, sondern auch auf Bücher und (sensationell gut produziert) Audio-Hörspiele erstreckt.
Plot: Bei Torchwood handelt es sich um ein Spin-Off von Doctor Who (Torchwood ist ein Anagramm von Doctor Who) was als eine Art Mischung aus Men in Black und Akte X beschrieben werden kann. Die Geheimorganisation Torchwood, ursprünglich von Queen Victoria zur Verteidigung gegen außerirdische Invasoren gegründet, „kümmert“ sich im Walisischen Cardiff um Außerirdische und gestrandete Menschen, die durch einen Riss in Raum und Zeit in der Stadt landen. Hauptfigur dabei ist der unsterbliche Captain Jack Harkness, der ursprünglich aus dem Doctor Who Universum stammt.
Das Besondere: Der Plot klingt simpel, ist er vor allem in der ersten Staffel auch. Die Serie wirkt gerade in ihren Anfängen extrem unausgereift und was als düsteres und erwachsenes Pendant zu Doctor Who angekündigt wurde präsentierte sich eher als schwache Kopie anderer Mysterie-Serien wie z.B. Angel, gespickt mit (größtenteils homosexuellen) Sex-Szenen und wildem Gefluche. Wer allerdings Ausdauer beweist bekommt spätestens ab Mitte der zweiten Staffel wirklich gute Fernsehkost geboten, welche in der fünfteiligen Dritten Staffel „Children of Earth“ ihren absoluten Höhepunkt erreicht, der für mich zu meinen persönlichen Serien-Highlights 2009 zählt und große Fernsehgeschichte geschrieben hat. Wer nur mal reinschauen will, sollte ruhig mit Staffel drei anfangen. Viel Vorwissen wird nicht vorrausgesetzt.
Plot: Eine Variante der klassischen „Jekyll und Hyde“-Story in die Neuzeit verlegt. Familienvater Dr. Jackmann entpuppt sich als Nachfahre der von Robert Louis Stevenson beschriebenen Figur Dr. Jekyll und muss sich seiner dunklen, bösen Seite in Form von Mr. Hyde auseinandersetzen. Schnell zeigt sich, dass auch eine geheime Organisation an den Fähigkeiten von Mr. Hyde interessiert ist und macht Jagd auf Jackmann und Hyde.
Das Besondere: Eigentlich ist es kaum zu glauben, dass man mit so einer einfachen Prämisse, wie mittlerweile ausgenudelten Jekyll/Hyde-Story solch eine spannende Geschichte schreiben kann. In lediglich sechs Episoden entwickelt sich hier eine Geschichte von enormer tiefe und gespickt mit überraschenden Wendungen, die in erster Linie vom brillanten Spiel der Hauptdarsteller lebt. Wie James Nesbit das ständige hin und her zwischen Jekyll und Hyde spielt und dabei zwei vollkommen unterschiedliche Charaktere darstellt ist erschrecken gut.
Der Plot: Polizist Sam Tyler wird im Dienst im Jahr 2006 von einem Auto überfahren und wacht anschließend im Jahr 1973 wieder auf. Dort muss er herausfinden, was mit ihm geschehen ist und wie er wieder zurückkommen kann. Dazu arbeitet er weiterhin als Polizist bei der Great Manchester Police, wo er es mit seinem neuen Boss, dem grobschlächtigen Gene Hunt zu tun bekommt.
Das Besondere: Im Grunde haben wir hier eine ziemlich solide 70er Jahre Polizeistory alá Starsky and Hutch, allerdings mit einer ziemlich schrägen Prämisse. Die Serie lebt zum einen von ihrem Mystery-Faktor, in dem der Zuschauer zusammen mit Sam Tyler herauszufinden versucht, was mit ihm passiert ist. Der andere Hauptaspekt ist das Zusammentreffen zweier Welten, wenn der moderne, zivilisierte Sam Tyler, auf den rauchenden, trinkenden, fluchenden Gene Hunt und seine Leute trifft, die den Verbrechern auch gern erstmal eins aufs Maul hauen, bevor sie Fragen stellen und die mit „political correctness“ eher wenig am Hut haben. Alles in allem bietet „Life on Mars“ originelle Storys, einen spannen roten Faden (der am Ende leider eher mittelmäßig aufgelöst wird) und tolle 70er-Jahre-Mucke.
Der Plot: „Life on Mars“ reloaded. Polizeipsychologin Alex Drake, die sich mit dem Fall „Sam Tyler“ befasst hat, wird im Dienst angeschossen und wacht ebenfalls in der Vergangenheit wieder auf. Wieder bei Gene Hunt und seinen Leuten, allerdings dieses mal eine Dekade später, nämlich 1981.
Das Besondere: Am Anfang dachte ich: „Hmm, blöd. Die machens sich aber einfach.“ Mit den Siebziger sind wir durch, dann machen wir halt die Achtziger. Hatte so ein bisschen was von diesen unsäglichen Jahrzehnte-Shows bei RTL. Allerdings funktioniert das Konzept auch weiterhin. Ok, ich muss zugeben, es ist nicht mehr ganz so reizvoll wie bei „Life on Mars“, aber ich habe auch noch nicht alle Folgen gesehen. Weshalb es sich aber auf jeden Fall lohnt die Serie zu sehen, ist wieder einmal Gene Hunt, gespielt von Phillip Glenister. Der Typ ist einfach nur genial und eine verdammt coole Sau. Er erscheint wie eine Mischung aus Horst Schimanski und Inspektor Coloumbo und hat auf jeden Fall einen Platz in meinen Buch der coolen Leute sicher.
Der Plot: Thema ist die Parusie, also die Wiederkehr von Gottes Sohn auf die Erde in Form eines Mitgliedes der britischen Arbeiterklasse. Nachdem er die Menschheit mit einiger Überzeugungsarbeit in Form von verschiedenen Wundern davon überzeugt hat, dass er wirklich von Gott gesandt ist, verkündet er, dass sein Auftrag lautet, innerhalb von fünf Tagen mit Hilfe der Menschen ein „Drittes Testament“ zu schreiben. Doch auch Satan erscheint auf der Erde in Form von Dämonen und versucht dieses zu verhindern.
Das Besondere: Auch hier haben wir wieder eine kleine, aber sehr feine Miniserie, die sich extrem kritisch mit modernem Glauben und Religiosität auseinandersetzt. Am Ende wird man mit der Frage konfrontiert: Wie hätte ich gehandelt?
Der Plot: Jeder kennts wahrscheinlich. Schwarzhumorige Sketche, welche die sexuellen und politischen Ansichten der Briten karikieren
Das Besondere: Die ansonsten so prüden Briten zeigen sich hier überraschen zotig. Schwule, Behinderte, Ausländer. Alle Randgruppen werden hier gleichermaßen bedient. Und das auf ziemlich schräge und witzige weise. Meine Favoriten sind Lou und Andy und die Szenen mit Mr. Mann im Buchladen („Ich suche ein Gemälde mit einer enttäuschten Eule“). Erwähnenswert ist auch die gelungene deutsche Synchronisation von Oliver Kalkofe und Oliver Welke.
Weiterhin erwähnenswert wären noch „Coupling“ und „Spaced“, zwei Comedy-Serien, die ich bisher allerdings nur am Rande verfolgt habe, die aber bei mir auf dem Plan stehen für eine Komplettsichtung.
Falls sonst noch irgendjemand Tipps für mich hat für gut britische Serien, immer her damit.
Gimmick des Tages
“Die Buddenbrooks – Verfall einer Familie” zum Ausschneiden und Sammeln!
Heute:
“‘Paßt mal auf, was Herr Stengel zu Siegmund Köstermann gesagt hat.’”
Fortsetzung folgt…